Gleich zwei großartige Darbietungen gab es in dieser Passionszeit vom Bachchor Gütersloh.

Gütersloh (gl).

Gleich zwei großartige Darbietungen gab es in dieser Passionszeit vom Bachchor Gütersloh. Mit Hauptwerken von Heinrich Schütz und Hugo Distler erstrahlte die voll besetzte Apostelkirche zu vollem Glanz.

Wer spürte die ergreifende Dramatik in Hugo Distlers „Totentanz op.12,2“ nicht in jedem Ton und jeder Silbe? Verständlich macht das ein kurzer Blick auf die widrigen Lebensumstände des 1904 Geborenen und früh von der Mutter Verlassenen. Distler erlebt Finanznot, Selbstmorde naher Menschen und wird in seiner musikalischen Tätigkeit von der Gestapo behindert. Immer wieder äußert er sich über Ängste und Einsamkeit. Schließlich nimmt er sich mit 38 Jahren das Leben.

14 Sprüche des schlesischen Barockmystikers Angelus Silesus hat Distler in seinem 1934 uraufgeführten „Totentanz“ vertont, die der Chor singt. Ungewöhnlich aufgebaut, gibt es dazwischen Dialoge und ein kurzes Flötenstück. Unerbittlich in seiner Sprechrolle als Tod lässt Michael Hoffmann jeden aufhorchen. Alle müssen sie vor „ihn“ treten: ob Kaiser, Bischof, Arzt, Kaufmann oder Bauer.

Überzeugend schlüpfen Chormitglieder in ihre Sprechrollen und flehen um Gnade. Besonders erschaudern lässt Sophia Knehans, die als „Kind“ mit Inbrunst „Wie weinet meine Mutter so sehr“ ihre Kinderstimme erhebt. Nochmals gemahnt der Tod: „Gott weiß, warum er mich pfeifen schickt“. Jedoch geht es im „Totentanz“ um mehr. Um Ruhe und Frieden, den Distler im Leben nie fand. Mittendrin, im siebten Spruch, intoniert der Chor in beseelender Tiefe „wo du willst ew’ge Ruh und ew’gen Frieden finden“.

Wie von den Mauern umhüllt, war es auch die besondere Akustik der Apostelkirche, die Heinrich Schütz’s „Musikalische Exequien SWV 279-281“ zu einem außergewöhnlichen Hörerlebnis werden ließ. 1585 geboren, gilt Schütz als sogenannte „Galionsfigur“ protestantischer Kirchenmusik. Im Leben kannte er beide Seiten, Not und den Verlust der Familie, sowie glanzvolle Zeiten als Kapellmeister an kurfürstlichen Höfen.

In seiner 1636 komponierten Begräbnismusik spiegelt sich sein Leben wider. „Der Herr hat’s gegeben, der Herr hat’s genommen“ – wie sehr brennt sich die Hiobsbotschaft ins Gehör. Ungeachtet des beklemmenden Themas, beglückt Kirchenmusikdirektor Sigmund Bothmann die Zuhörer mit souveränem Dirigat. Perfekt aufeinander abgestimmt und exzellent intoniert erklingt die Motette „Herr, wenn ich nur dich habe“. Der abschließende dritte Teil gerät zu eine besonderen Raum-Klangkunst: den Lobgesang des Simeon singen zwei Sopranstimmen und eine Baritonstimme auf der Empore im Dialog mit dem fünfstimmigen Chor im Altarraum. Überhaupt lebte die Darbietung von den ansprechenden Sololeistungen des Chors, die Bettina Pieck bestens vorbereitet hatte. János Bálint und Gerhard Abe-Graf agierten differenziert und präzise auf der Flöte und Orgel.

Insgesamt eine beachtliche Leistung auf hohem Niveau, die von den Zuhörerinnen und Zuhörern mit langem Applaus belohnt wurde.