Gütersloh (gl).

Gleich zwei großartige Darbietungen gab es in dieser Passionszeit vom Bachchor Gütersloh. Mit Hauptwerken von Heinrich Schütz und Hugo Distler erstrahlte die voll besetzte Apostelkirche zu vollem Glanz.

Wer spürte die ergreifende Dramatik in Hugo Distlers „Totentanz op.12,2“ nicht in jedem Ton und jeder Silbe? Verständlich macht das ein kurzer Blick auf die widrigen Lebensumstände des 1904 Geborenen und früh von der Mutter Verlassenen. Distler erlebt Finanznot, Selbstmorde naher Menschen und wird in seiner musikalischen Tätigkeit von der Gestapo behindert. Immer wieder äußert er sich über Ängste und Einsamkeit. Schließlich nimmt er sich mit 38 Jahren das Leben.

14 Sprüche des schlesischen Barockmystikers Angelus Silesus hat Distler in seinem 1934 uraufgeführten „Totentanz“ vertont, die der Chor singt. Ungewöhnlich aufgebaut, gibt es dazwischen Dialoge und ein kurzes Flötenstück. Unerbittlich in seiner Sprechrolle als Tod lässt Michael Hoffmann jeden aufhorchen. Alle müssen sie vor „ihn“ treten: ob Kaiser, Bischof, Arzt, Kaufmann oder Bauer.

Überzeugend schlüpfen Chormitglieder in ihre Sprechrollen und flehen um Gnade. Besonders erschaudern lässt Sophia Knehans, die als „Kind“ mit Inbrunst „Wie weinet meine Mutter so sehr“ ihre Kinderstimme erhebt. Nochmals gemahnt der Tod: „Gott weiß, warum er mich pfeifen schickt“. Jedoch geht es im „Totentanz“ um mehr. Um Ruhe und Frieden, den Distler im Leben nie fand. Mittendrin, im siebten Spruch, intoniert der Chor in beseelender Tiefe „wo du willst ew’ge Ruh und ew’gen Frieden finden“.

Wie von den Mauern umhüllt, war es auch die besondere Akustik der Apostelkirche, die Heinrich Schütz’s „Musikalische Exequien SWV 279-281“ zu einem außergewöhnlichen Hörerlebnis werden ließ. 1585 geboren, gilt Schütz als sogenannte „Galionsfigur“ protestantischer Kirchenmusik. Im Leben kannte er beide Seiten, Not und den Verlust der Familie, sowie glanzvolle Zeiten als Kapellmeister an kurfürstlichen Höfen.

In seiner 1636 komponierten Begräbnismusik spiegelt sich sein Leben wider. „Der Herr hat’s gegeben, der Herr hat’s genommen“ – wie sehr brennt sich die Hiobsbotschaft ins Gehör. Ungeachtet des beklemmenden Themas, beglückt Kirchenmusikdirektor Sigmund Bothmann die Zuhörer mit souveränem Dirigat. Perfekt aufeinander abgestimmt und exzellent intoniert erklingt die Motette „Herr, wenn ich nur dich habe“. Der abschließende dritte Teil gerät zu eine besonderen Raum-Klangkunst: den Lobgesang des Simeon singen zwei Sopranstimmen und eine Baritonstimme auf der Empore im Dialog mit dem fünfstimmigen Chor im Altarraum. Überhaupt lebte die Darbietung von den ansprechenden Sololeistungen des Chors, die Bettina Pieck bestens vorbereitet hatte. János Bálint und Gerhard Abe-Graf agierten differenziert und präzise auf der Flöte und Orgel.

Insgesamt eine beachtliche Leistung auf hohem Niveau, die von den Zuhörerinnen und Zuhörern mit langem Applaus belohnt wurde.

Gütersloh (nw).

Der Bachchor Gütersloh unter der Leitung von KMD Sigmund Bothmann präsentierte in der Apostelkirche ergreifende kirchenmusikalische Werke von Hugo Distler und Heinrich Schütz.

 

Wer ist’s, der sich zu Gotte kehrt?“ – Unisono stellen das Kind und der Tod im Zwiegespräch diese rhetorische Frage, die wohl den emotional ergreifendsten dramaturgischen Effekt der Sprechmotette von Hugo Distler (1908 bis 1942) in der vollbesetzten Apostelkirche markiert. Der Dialog, der von Regisseur Michael Hoffmann (Tod) und der neunjährigen Sophia Knehans ausdrucksstark inszeniert worden ist, berührte die im Kirchenschiff versammelte Gemeinde.

Gestartet war Distlers 1934 entstandener „Totentanz“, eine für vierstimmigen Chor a cappella gesetzte Komposition, mit dem nach Stimmfächern von Sopran bis Bass anschwellenden Kanon des ersten Spruchs: „Lass alles, was du hast, dass du alles nehmst!“ Der 37-köpfige Klangkörper meisterte mit fantastischer Dynamik die synkopischen und polymetrischen Ausdeutungen, die von KMD Sigmund Bothmann mit modellierter Akribie dirigierte und auf den Punkt koordiniert wurden.

„Zum Tanz, zum Tanze reiht euch ein: Kaiser, Bischof, Bürger, Bauer, arm und reich, und groß und klein. Heran zu mir!“ Michael Hoffmann deklamierte mit professioneller theatralischer Gestik den versinnbildlichten Tod. Nach der Textpassage „Heut heißt’s, nach meiner Pfeife springen“, übergab er symbolisch dem Querflötisten János Bálint die Noten des Liedes „Es ist ein Schnitter, heißt der Tod“, die dieser in den folgenden Zäsuren mit anmutigen Tönen variationsreich erklingen ließ.

Insgesamt 14 gesungene Verse umfasst der Totentanz, der vom Bachchor mal hymnisch, mal traurig gestaltet wurde. Dabei exponierten sich insgesamt elf Solistinnen und Solisten mit kräftigen Stimmen in diesem vielstimmigen Singspiel. Darin eingebettet waren zwölf gesprochene, den Mysterienspielen des Mittelalters nachempfundene Textteile, die von Mitgliedern des Chores deklamiert wurden. Sie wurden dafür eigens von Coach Michael Hoffmann in Höchstform trainiert.

Inhaltlich führten ein Dutzend Angehörige verschiedener Gesellschaftsschichten die irdische Konversation mit dem herannahenden Tod. Deren Biografien, die sich in den Gesprächen offenbarten, offerierten eine breite Schicksalspalette.

Bereits bei der Jungfrau, gespielt von Lucie Asaba, gibt es keine Möglichkeit, dem Tod einen Korb zu geben. Einige Augenblicke später proklamiert das Kind Sophia fehlerfrei seine Verszeilen: „O Tod, wie soll ich das verstehen, ich soll tanzen und kann nicht gehen?“ Michael Hoffmann kommentierte: „Der Tod klingt manchmal recht herb, aber er kann niemanden verdammen, er ist nicht Gott. Er lässt sich sogar vom Schicksal eines Kindes anrühren!“ Und gerührt war das gesamte Publikum, einschließlich Liz Mohn, die das Konzert gefördert hatte und dem Mädchen zum Finale einen Extraapplaus schenkte.

Im zweiten Teil des Konzerts führte der Bachchor von Heinrich Schütz die „Musikalischen Exequien“ SWV 279–281“ auf. Das geistliche Werk begann mit der „Begräbnis-Missa, Teil I“. Zum Teil II teilte sich der Chor auf und nutzte den Raumklang der Apostelkirche. Die Motette „Herr, wenn ich nur dich habe“ erschallte aus dem Altarraum und gleichzeitig von der Empore. Die schwebende Klangatmosphäre erhielt beim Begräbnisteil III „Herr, nun lässest du deinen Diener“ eine Fortsetzung. Die klar differenzierten Stimmen begleitete Gerhard Abe-Graf virtuos am Orgelpositiv.

„Zwei echte Hammerstücke“, kommentierte Kirchenmusikdirektor Sigmund Bothmann im Anschluss an die gelungene und mit gewaltigem Applaus überschüttete Aufführung, die in der Passionszeit eine Gelegenheit für innere Einkehr bot.

Gütersloh (nw).

Vier Gesangssolisten, das Barock-Orchester „l’arte del mondo“ sowie der Bachchor präsentieren drei Kantaten des Weihnachtsoratoriums von Johann Sebastian Bach.

Edwin Rekate

Gütersloh. „Jauchzet, frohlocket, auf, preiset die Tage!“ – Das traditionelle Weihnachtskonzert in der neugotischen Martin-Luther-Kirche besitzt längst Kultstatus und versetzt so manchen Besucher augenblicklich in Weihnachtsstimmung. Rund 60 virtuose Stimmen und Musiker interpretierten am Abend des 2. Advents die Kantaten I bis III des epochalen Weihnachtsoratoriums (BWV 248), das einst 1734 in Leipzig uraufgeführt worden ist.

Nun schallten die Kantaten, deren neutestamentarisch zitierten Bilder und Emotionen die Weihnachtszeit perfekt erleuchten, durchs vollbesetzte Kirchenschiff. Lyrisch kontemplativ eröffnete das Barock-Orchester „l’arte del mondo“, das mit höchster Vollendung die historische Aufführungspraxis praktiziert und ausschließlich auf uralten Instrumenten musiziert, die wohlklingenden Töne des wohl meist aufgeführten Klassik-Werks der Advents- und Weihnachtszeit.

Unter dem Dirigat des künstlerischen Leiters Werner Ehrhardt glänzt das Ensemble und gestaltet in Fusion mit dem voluminös und dynamisch sicher agierenden Gütersloher Bachchor ein authentisch klingendes Konzerterlebnis. Der Kammerton a wird dabei um 25 Hertz nach unten, d.h. von 440 auf 415 Hertz gestimmt, um die Strahlkraft der sogenannten „Alten Musik“ aus vergangenen Epochen zu reanimieren.

Dazu gesellt sich ein erstklassiges Quartett, in dem eine Solistin und drei Solisten ihre Stimmen virtuos erheben. Der deutsch-britische Tenor Kieran Carrel, ein Spross des hiesigen Knabenchors, debütierte im Sommer bei den Bregenzer Festspielen und schlüpft jetzt beim Weihnachtsoratorium in die Rolle des Evangelisten. Er präsentiert seine geschulte Stimme, mit der er technisch perfekt allen Tönen Ausdruck verleiht.

Bei den folgenden Rezitativen übernimmt der koreanische Countertenor Jongbeom Kwon den Altus und verziert mit tollem Vibrato seine hohe Ausdeutung. Noch höhere Brillanz generiert die Sopranistin Johanna Kaldewei, die mit ihrem natürlichen Timbre engelsgleiche Wärme aussendet. Die kraftvoll oszillierenden, tiefen Tonlagen deutet der Master-Bassist Clemens Joswig aus, der sein Studium 2019 am Mozarteum in Salzburg abschloss.

Eine hervorragende Einzelleistung erbringt auch Konzertmeisterin Andrea Keller, die in der dritten Kantate ein himmlisches Geigensolo offeriert. Überhaupt, der gesamte Klangkörper besticht durch präzise Synchronität und verleiht dem Bachschen Oratorium obendrein ganz frische Stimmen, die mit stehendem Applaus überschüttet worden sind. Als Zugabe stimmte der Chor unter der Leitung von Kirchenmusikdirektor Sigmund Bothmann das populäre Weihnachtslied „Es ist ein Ros entsprungen“ an.

Die wohlklingende Botschaft zum Fest der Feste, die in dieser Besetzung in Gütersloh Premiere feierte, wird zum 3. Advent in die Welt hinausgetragen. Dann wird der Gütersloher Bachchor am 16. und 17. Dezember zusammen mit dem Ensemble „l’arte del mondo“ in der Dresdener Frauenkirche auftreten.

Gütersloh (gl). Bereits am zweiten Advent, am Sonntag, 10. Dezember, singt der Bachchor Gütersloh das Weihnachtskonzert. Ab 18 Uhr erklingen in der Martin-Luther-Kirche die Kantaten 1-3 des Weihnachtsoratoriums von Johann Sebastian Bach, BWV 248. Mit dem Bachchor musizieren Johanna Kaldewei (Sopran) Yongbeom Kwon (Alt) Kieran Carrel (Tenor) Clemens Joswig (Bass) und das Ensemble l’arte del mondo unter Leitung von Werner Ehrhardt. Die Einstudierung des Chores obliegt Kirchenmusikdirektor Sigmund Bothmann.

„Das Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach ist der Klassiker unter den Musikstücken zu Weihnachten“, heißt es in der Ankündigung. Dieses am zweiten Advent in Gütersloh werde ein ganz besonderes, denn der Bachchor kooperiere noch enger als sonst mit dem Barockorchester l’arte del mondo. Weil der Chor am dritten Advent für zwei Konzerte in der Frauenkirche in Dresden mit l’arte del mondo engagiert wurde, dirigiert deren künstlerischer Leiter Werner Ehrhardt nicht nur die Aufführungen in Dresden, sondern auch die in Gütersloh. Das verspreche neue Impulse und eine wiederum neue Sichtweise auf das altbekannte Werk. „Ich gebe gern den Dirigentenstab ab“, so Sigmund Bothmann. Er sei gespannt auf die Klänge, die Werner Ehrhardt dem Chor entlocken werde.

 

Das Werk beginne mit einem fröhlich-leichten „Jauchzet, frohlocket!“, strahlenden Trompeten, weichen Holzbläsern und einem warmen und jubilierenden Streicherklang. Die Weihnachtsgeschichte wird erzählt und kommentiert in Rezitativen, Chorälen und rauschenden Chorsätzen. Die Musik lasse vor dem inneren Auge einen Film entstehen, der in Nazareth beginne, über die Felder der Hirten schweife und im Stall von Bethlehem ende. Dort, wo der Bachchor Gütersloh noch vor wenigen Wochen pilgern und ein Konzert singen konnte. „Dass in der zweiten der drei aufgeführten Kantaten um Frieden auf Erden gebeten wird, erscheint heute an gerade diesem Ort der Welt dringender denn je“, schreibt der Bachchor.

Tickets gibt es bei Gütersloh Marketing, Berliner Straße 63, Tel: 05241/211360

Gütersloh. (nw) Bereits am Sonntag, 10. Dezember, singt der Bachchor Gütersloh das Weihnachtskonzert. Ab 18 Uhr erklingen in der Martin-Luther-Kirche die Kantaten eins bis drei des Weihnachts-Oratoriums von Johann Sebastian Bach, BWV 248. Mit dem Bachchor musizieren Johanna Kaldewei (Sopran), Yongbeom Kwon (Alt), Kieran Carrel (Tenor) Clemens Joswig (Bass) und das Ensemble „l’arte del mondo“ unter der Leitung von Werner Ehrhardt. Die Einstudierung des Chores obliegt KMD Sigmund Bothmann.

Das Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach ist der Klassiker unter den Musikstücken zu Weihnachten. Dieses am 2. Advent in Gütersloh wird ein ganz besonderes, denn der Bachchor Gütersloh kooperiert noch enger als sonst mit dem renommierten Barockorchester „l’arte del mondo“. Weil der Chor am 3. Advent für zwei Konzerte in der Frauenkirche in Dresden mit „l’arte del mondo“ engagiert wurde, dirigiert deren künstlerischer Leiter Werner Ehrhardt nicht nur die Aufführungen in Dresden, sondern auch die in Gütersloh. Das verspricht neue Impulse und eine wiederum neue Sichtweise auf das altbekannte Werk. „Ich gebe gerne den Dirigentenstab ab“, so Sigmund Bothmann, und er ist gespannt auf die Klänge, die Werner Ehrhardt dem Chor entlocken wird.

 

Das Werk beginnt mit einem fröhlich-leichten „Jauchzet, frohlocket!“ und endet im Stall von Bethlehem. Dort, wo der Bachchor noch vor wenigen Wochen ein Konzert singen konnte. Dass in der zweiten der drei aufgeführten Kantaten um Frieden gebeten wird, erscheint dringender denn je. Karten bei Gütersloh Marketing, Berliner Straße 63.

Gütersloh. (nw)  „Der Herrgott hat es gut mit uns gemeint. Wir sind unter einem großen Segen gereist und wieder nach Hause zurückgekehrt.“ Anke Poon ist noch immer fassungslos.

Zusammen mit Ehemann Roman und 48 weiteren Mitgliedern und Förderern des Gütersloher Bachchores befand sich die Herzebrockerin in der vergangenen Woche auf einer Konzert- und Pilgerreise durch Israel. Organisiert worden war die Tour von den beiden Chormitgliedern Maximilian Fissenewert und Patrick Rieckhaus. Die Leitung lag in Händen von Kirchenmusikdirektor Siegmund Bothmann. Begleiter war der evangelische Pfarrer Stefan Salzmann. Planmäßig hat die Gruppe am Freitagnachmittag um 17 Uhr und damit gerade noch rechtzeitig vor dem Hamas-Überfall den Lufthansa-Flieger nach Frankfurt auf dem Ben-Gurion- Flughafen in Tel Aviv bestiegen und das Land verlassen. Gegen 3 Uhr in der Nacht trafen die Reiseteilnehmer wohlbehalten mit dem Bus im Kreis Gütersloh ein.

Wie wohl die meisten anderen Chormitglieder begaben sich auch Anke und Roman Poon danach zur Ruhe. Als Anke Poon am nächsten Morgen die Nachrichten auf ihrem Handy abrief, verstand sie die Welt nicht mehr. Besorgt fragten Freunde nach ihrem Aufenthaltsort und ihrem aktuellen Zustand. „Da erst dämmerte mir, was passiert sein musste“, sagt sie. Und weiter: „Ich habe dann in einer Statusmeldung geschrieben, dass es uns gut geht und wir wieder daheim sind. Danach bin ich für den Rest des Tages nicht mehr ans Telefon gegangen.“

Das Auswärtige Amt rät nach dem Ausbruch der Feindseligkeiten dringend von Reisen nach Israel und in die palästinensischen Gebiete ab. Ausdrücklich gewarnt wird vor Reisen in den Gaza-Streifen. Wörtlich heißt es in dem Hinweis: „Seit dem Morgen des 7. Oktober kommt es zu gravierenden militärischen Auseinandersetzungen im Gebiet um den Gaza-Streifen, mit Beschuss durch Raketen bis nach Tel Aviv und Angriffen auf die lokale Bevölkerung. Die Lage ist hochvolatil. Eine weitere Verschärfung der Lage, eine Ausweitung auf andere Gebiete des Landes und erhebliche Beeinträchtigungen des Flugverkehrs können nicht ausgeschlossen werden.“

Die Warnmeldung endet mit dem Rat, dringend und insbesondere die Hinweise des „Home Front Command“ zum Aufsuchen von Schutzräumen bei Raketenbeschuss zu beachten. „Wir haben uns jederzeit absolut sicher gefühlt“ . Von alledem war während der Reise des Bachchores nichts zu spüren. „Wer durch Israel reist, sieht zwar allerorts schwerbewaffnete Polizei- und Militärangehörige. Doch gerade das gibt einem ein Gefühl von Sicherheit. Wir haben uns – auch in den Palästinensergebieten oder allein unterwegs in der Jerusalemer Altstadt – jederzeit absolut sicher gefühlt. Man muss keine Angst haben“, sagt Anke Poon. Ihre Reise – es ist die zweite nach der Premiere 2018 – verstehen die Mitglieder des Chores auch als Solidaritätsbekundung und Unterstützungsaktion für das Land und seine Bewohner. Das besondere Augenmerk gilt dabei der christlichen Minderheit. „Nur etwa jeder 50. Israeli bekennt sich derzeit zum christlichen Glauben“, weiß Anke Poon.

Begegnungen mit im Land lebenden Christen und die musikalische Begleitung von Gottesdiensten gehörten deswegen zum festen Programm der Reise des Chores, dessen festes Quartier das „German Hospice“ in Jerusalem war. Das Haus befindet sich im Besitz des Erzbistums Paderborn und wird geführt von Angehörigen des Borromäerinnen-Ordens. Gleich zweimal trat der Bachchor am Reisesonntag musikalisch in Erscheinung: In der Erlöserkirche von Jerusalem nahm er am Festgottesdienst zum Auftakt der Jubiläumsfeierlichkeiten aus Anlass des 125-jährigen Bestehens teil. Und am Nachmittag desselben Tages kam es in der Katharinenkirche von Bethlehem zu einem weiteren Konzert zusammen mit einem palästinensischen Chor. Deren Mitglieder luden die Gütersloher danach noch zu einem gemeinsamen Abendessen mit arabischen Spezialitäten ein.

Für beide Seiten überraschend war das Zusammentreffen des Bachchores mit Bischöfin Annette Kurschus. Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche von Deutschland (EKD) stand an der Spitze einer Delegation, die aus Anlass des Kirchenjubiläums Israel bereiste. Der Gottesdienst in der Erlöserkirche, in dem sie die Predigt hielt, stand am Ende der Reise. „Dass sie in Jerusalem einen Chor aus ihrer westfälischen Heimatkirche antraf, hat sie sehr gefreut“, berichtet Anke Poon. Gern habe sich Kurschuss danach mit den Güterslohern und dem ortsansässigen Probst Joachim Lenz zum Erinnerungsfoto im Altarbereich zusammen fotografieren lassen.

Die folgenden Tage im Heiligen Land verbrachte der Gütersloher Bachchor wie geplant und ohne unvorhergesehene Ereignisse: Die Gruppe unternahm Rundgänge durch das historische Zentrum von Jerusalem. Ausflüge führten in das Jordantal zur Taufstelle Jesu, in die Stadt Jericho, ans Tote Meer zur Fundstelle uralter Thora- Rollen, an die biblischen Orte am See Genezareth und nach Nazareth zur Verkündigungskirche. Deren Taufbecken und eine Mosaikwand hatten einst übrigens der Wiedenbrücker Sakralkünstler Bernd Hartmann und seine Ehefrau Irma Hartmann-Rochelle geschaffen. Als Erlebnisse, die Reiseteilnehmer nachhaltig beeindruckt hätten, schildert Anke Poon den Besuche der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem und den Gang zum Kreuzigungsort Golgatha mit der Grabeskirche frühmorgens um 6 Uhr.

Gütersloh. (nw). Der Bachchor Gütersloh hinterließ mit einem anspruchsvollen A-cappella-Programm einen exzellenten Eindruck.

Kurz vor seiner anstehenden Israelreise nach Bethlehem und Jerusalem ließ der Bachchor Gütersloh es sich nicht nehmen, seine Zuhörerinnen und Zuhörer in der Martin-Luther-Kirche auf eine ganz andere Reise einzuladen: Es ging durch nicht weniger als drei Jahrhunderte musikalischer Psalmenvertonungen. „Cor Mundum“, das reine Herz, war die Leitidee dieses gesanglichen Vortrags mit Werken vom Frühbarock bis in die Moderne.

Punkt 18 Uhr verstummte der Lärm des geschäftigen Treibens auf dem Berliner Platz, und der Bachchor unter der Leitung von Sigmund Bothmann hob an zum ältesten Stück des Psalmenkonzerts, dem 1615 entstandenen „Cantate Domino“, ein prachtvolles, festlich klingendes Werk des Frühbarocks von Claudio Monteverdi. Ebenfalls etwas getragener, mit schönen Passagen für alle Stimmregister kamen „Herr, auf Dich traue ich“ sowie „Die Himmel erzählen die Ehre Gottes“ aus der „Geistlichen Chormusik 1648“ von Heinrich Schütz daher. Der erste barocke Block wurde mit dem 1708 entstandenen „Exultate deo“ von Alessandro Scarlatti klangschön abgeschlossen.

„Cor mundum“ von György Orbán entführte die Zuhörerschaft unvermittelt in die Moderne, ein Chorstück, das nach ruhigem Anfang sich zunehmend lebhafter entwickelt. Für den folgenden Vortrag aus dem Barock, „Das ist meine Freude“ von Johann Ludwig Bach, einem Zeitgenossen und fernen Verwandten des großen Johann Sebastian, ließ Sigmund Bothmann je zwei Stimmen jedes Registers nach vorne treten, was die Wirkung des klangschönen, lebhaften Werkes auch visuell zutage treten ließ: Solisten und Chor quasi im munteren Wechselgesang. Das doppelchörige „Herr, wenn ich Dich nun habe“ aus den „Musikalischen Exequien“ von Heinrich Schütz schloss den barocken Anteil des Chorkonzerts getragen und würdevoll ab.

Nach zwei Werken der Romantik, Mendelssohns „Jauchzet dem Herrn, alle Welt“ und Albert Beckers „Ich hebe meine Augen auf“ wurden die Klänge etwas experimenteller: Francis Poulencs lebhaftes „Exultate deo“ forderte die hohen Stimmlagen aller Register und ging verspielt mit der Tonalität um mit einer überraschenden Pause inmitten des Stücks und einem offen klingenden Schluss. Ebenso in etwas moderneren Klangsphären bewegte sich Alexandre Tansmans „Psalm 131“, nicht ganz so gewagt wie Poulencs Harmonien, aber auch spannend anzuhören. Der offizielle Teil des Programms mündete in Knut Nystedts „I will praise thee, o Lord“.

Zwei Zugaben waren der Lohn des ausgiebigen Applauses, beide aus dem Bereich der Romantik: das achtstimmige „Denn er hat seinen Engeln befohlen“ von Felix Mendelssohn Bartholdy, eine Motette, die ihren Weg in das „Elias“-Oratorium gefunden hat, und Joseph Rheinbergers „Abendlied“ (Bleib bei uns, denn es will Abend werden), eine der populärsten Kompositionen des Meisters, vom Chor wundervoll getragen interpretiert.

Einmal mehr hinterließen die ausgesprochen gelungene Balance der einzelnen Chorregister des Bachchores sowie das lebhafte, aber sehr präzise Dirigat von Sigmund Bothmann einen starken Eindruck. Das dürfte auch im Heiligen Land seine Wirkung nicht verfehlen.

Gütersloh (gl). Von großer religiöser Symbolkraft ist die Zahl Sieben geprägt. An sieben Tagen schuf Gott die Welt, sieben Sakramente gibt es und auch sieben Todsünden. Und in überirdischen Sphären befindet man sich im siebten Himmel. Die von Joseph Haydn vertonten „Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze“ hat der Bachchor mit dem Orchester l’arte del mondo und Gesangssolisten unter der Leitung von Sigmund Bothmann ergreifend in der Martin-Luther-Kirche dargeboten.

Passend am „Laetare“ (Freue dich), dem vierten Sonntag in der Passionszeit, ergänzt Pfarrerin Wiebke Heine: „Freue Dich, dass der Tod nicht das letzte Wort haben wird.“ Dass das mehr als einstündige großartige Werk mit einem furiosen „Il Terremoto“ (Erdbeben) zu Ende geht, wie es in der Bibel steht, mag so manchem Zuhörer im vollbesetzten Kirchenraum die verheerende Präsenz der aktuellen Kriegsgeschehnisse bewusst gemacht haben.

Interessant ist die Geschichte dieses Auftragswerks. Ursprünglich als Instrumentalwerk für eine Passionsandacht im südspanischen Cádiz geschrieben, hat es Haydn später für Streichquartett und in eine deutschsprachige Fassung für Chor und Solisten umgearbeitet. Einer lebhaften Einleitung folgen sieben Sätze in tragendem Tempo. In einem Wechsel an- und abschwellender Lautstärke erhebt der Chor die Stimme: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht was sie tun.“ Sanfter Bläserklang begleitet ins Paradies. Von tiefer Düsternis ergreift die verzweifelte Frage: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Der schwermütigste Teil und gleichzeitig Höhepunkt ist das Sterbewort aus dem Johannesevangelium „Es ist vollbracht.“ Wie kann so viel Schmerz so lieblich- lyrisch klingen? Atemlos verfolgt man die Zuversicht und das Gottvertrauen in „Vater, in deine Hände empfehle ich meinen Geist“, bevor die Erde erbebt und die in sieben langsamen Sätzen angesammelte Spannung sich in naturalistischen Klangeffekten und dynamischen Exzessen in „Il Terremoto“ entlädt.

Voll zur Geltung kommt der Chor mit klangästhetischer Stimmgestaltung, dazu beweglich und rhetorisch differenziert. Ein tief bewegendes und aufwühlendes Werk, das durch seine Einfachheit und Wiederholungen, nicht, wie oft zu lesen, ermüdet. Im Gegenteil. Diese Schwierigkeit bewältigt Bothmann bravourös, ohne auf vordergründige Effekte oder übersteigerte Tempi zu setzen. Er setzt auf Haydns gewünschte Akzente und hat mit „l’arte del mondo“ technisch versierte und einfühlsame Partner an der Seite.

Zur großartigen Deutung der „Sieben Worte unseres Erlösers am Kreuze“ tragen maßgeblich die Gesangssolisten bei. Gefühlstief und emotional deuten sie den tiefen religiösen Inhalt aus. Natürliche Beweglichkeit strahlt Cornelie Isenbürgers fein artikulierte Sopranstimme aus, und mit samtig tiefem Alt begeistert Geneviève Tschumi. Ihnen zur Seite überzeugen nicht minder Markus Krause mit wunderbar kraftvollem Bass und Paul Schweinester mit technisch vitalem Tenor. Ein außergewöhnlicher Hörgenuss, der mit verdientem Applaus belohnt wurde.

Artikel aus „Die Glocke“ vom 21. März von Dr. Silvana Kreyer

Konzentrierte Passionsmusik

Gütersloh. Es ist eines von Joseph Haydns Hauptwerken und doch selten zu hören: „Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze“. Komponiert für einen Jesuitenorden in Cádiz als rein orchestrale sinfonische Meditation über die in den Evangelien überlieferten Christusworte, kam später eine Streichquartett- und eine Klavierfassung dazu. Und eben die Chorfassung, die sich der Bachchor für sein Passionskonzert ausgesucht hatte. Für seinen Mut wurde Kirchenmusikdirektor Sigmund Bothmann zwar nicht mit üppigen Besucherzahlen belohnt. Aber die geschätzt 200 Besucher zeigten mit stehend gebrachten Ovationen und Bravorufen, wie sehr Werk und Interpretation gefielen.

Mit einer Introduktion im scharf punktierten Rhythmus und großen Intervallsprüngen setzt Haydn gleich zu Beginn den Ton für die knapp einstündige Komposition, vom Orchester „L’arte del mondo“ in historischer Aufführungspraxis eindringlich und engagiert gespielt. Eine Besonderheit gilt – bis auf eine Ausnahme – für die Christusworte: Sie werden vom Chor jedem Satz à cappella vorangestellt. Gerade diese Einleitungen beeindruckten in ihren homophonen Schlichtheit durch ihre makellose Intonation und Wortverständlichkeit. Davon setzten sich die sinfonischen Chorsätze ab, die oft mit Seufzermotivik und anderen Mitteln arbeiten, um den Christusworten noch mehr Ausdruckskraft zu verleihen. Auch sie fanden im Bachchor in jeglicher Hinsicht überzeugende Gestaltung.

Eng verwoben mit Chor und Orchester ist das Solistenquartett. Die vier Stimmen greifen die Worte im Wechsel mit dem Chor auf, intensivieren den Ausdruck. Zur vokalen Show eignet sich die Musik nicht. Und in diesem besten Sinne werkdienlich brachten sich Cornelie Isenbürger (Sopran), Geneviève Tschumi (Alt), Paul Schweinester (Tenor) und Markus Krause (Bass) ein. Allesamt klangschön und expressiv, aber dem Ganzen untergeordnet. Auch das will gekonnt – und gewollt – sein.

Haydn geht es in seinem Werk Introspektion, um Tröstung des Sünders, nicht um Anklage. Insofern war die Bemerkung von Pfarrerin Wiebke Heine, dass eine

Aufführung am Sonntag „Laetare“ (Freue dich) zur Mitte der Fastenzeit auch ein Moment der Hoffnung gerade in diesen Zeiten sei. Doch vor dem Auferstehungsjubel hat Haydn das Erdbeben (Terremoto) nach der Kreuzigung gesetzt, dessen dramatische Schlagkraft nachhaltige beeindruckte. Fast unpassend, danach zu applaudieren, und doch hochverdient.

Artikel aus der NW vom 21.März 2023 (Matthias Gans)

Gütersloh (gl). Zu einem besonderen Passionskonzert lädt der Bachchor Gütersloh ein. Am Sonntag, 19. März, ab 18 Uhr singt der Bachchor Gütersloh „Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze“ von Joseph Haydn in der Martin-Luther-Kirche. Unter der Leitung von Kirchenmusikdirektor Sigmund Bothmann musizieren Cornelie Isenbürger, Sopran, Geneviève Tschumi, Alt, Paul Schweinester, Tenor, Markus Krause, Bass und das Orchester „L’arte del mondo“. In diesem für den Bachchor ungewöhnlichen Konzert werde beste Wiener Klassik zu hören sein, heißt es in der Ankündigung. Joseph Haydn habe sein Werk 1787 ursprünglich als Passionsmusik für Orchestergeschrieben. Es sei das Auftragswerk eines Konvents aus Cádiz gewesen und ursprünglich als Meditationsmusik an Karfreitag gedacht. Andachtsvoll sei das 60-minütige Werk und ohne dramatische Spitzen.

Einige Jahre später habe Haydn in Passau die Bearbeitung des dortigen erzbischöflichen Kapellmeisters gehört. Dieser habe einen passenden Text schreiben lassen und so aus dem Orchesterwerk etwas Oratorienartiges gemacht. Das habe Haydn so gut gefallen, dass er, unter teilweiser Benutzung des Passauer Textes, eine eigene Variante als Oratorium schrieb. Diese wurde 1796 uraufgeführt und nachfolgend zur erfolgreichsten Fassung der Komposition. Heute wird sie ein wenig anders gespielt. Sie ist schlichter als Haydns große Oratorien wie „Die Schöpfung“ oder „Die Jahreszeiten“. In Gütersloh wird sie nicht, wie heute üblich, romantisiert, sondern barock musiziert.„L’arte del mondo“ kommt mit alten Instrumenten, die einen halben Ton tiefer als 440 Hertz gestimmt sind und auch die vier Solisten sind in ihren vielfältigen Tätigkeiten in der Barockmusik zu Hause.

Karten für das Konzert zum Preis von 35 Euro (ermäßigt 25), 25 Euro (15) und 15 Euro (10) gibt es bei Gütersloh Marketing, 05241/2113636. Restkarten sind zudem an der Abendkasse erhältlich.

Artikel aus Die Glocke vom 16. Februar 2023